Galerie der Gedanken

Marc AurelIngeborg BachmannElvine de la TourHermann GmeinerMaja HaderlapPeter HandkeHeinrich HarrerGert Friedrich JonkeUdo JürgensKiki KogelnikMaria LassnigChristine LavantRobert MusilParacelsusHelmut QualtingerErwin RingelWerner SchneyderLucius Annaeus SenecaSokratesPeter TurriniDolores ViesèrPaul Watzlawick

Kärnten war und ist nicht nur im Bereich von Kunst und Kultur die Heimat großer Ausnahmepersönlich­keiten. Die Galerie der Gedanken eröffnet den Dialog mit diesen »klugen Köpfen«: Entlang der Moosburger Schlosswiese laden ihre gezeichneten Porträts zum Nach­ und Weiterdenken ein. Geschaffen wurden sie vom preisgekrönten Künstler Harald Schreiber.

 

 

Marc Aurel

Marc Aurel

121 in Rom
180 in Vindobona oder Sirmium

Das Glück deines Lebens hängt ab von der Beschaffenheit deiner Gedanken.

Marc Aurel: Selbstbetrachtungen, V. 16, Insel Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig 2008, Seite 74

Als römischer Kaiser hat Marc Aurel Weltgeschichte geschrieben, als Philosoph Weltliteratur: Er verfasste die »Selbstbetrachtungen«, zwölf Bücher in griechischer Sprache. In diesen Schriften »An sich selbst« sorgt er sich darum, nicht zu »verkaisern«, sondern sich selbst und allen Menschen gegenüber als Mensch gerecht zu werden. Der Feldherr und »Philosophenkaiser« führte das Römische Reich durch eine Phase der Stabilität und des Reichtums. In seine Regierungszeit fallen aber auch blutige Konflikte, unter anderem die »Markomannenkriege«, die der Kaiser vom Gebiet des heutigen Österreichs aus befehligte. Nicht ausgeschlossen, dass er damals auch in Virunum am Zollfeld Station machte.

Ingeborg Bachmann

Ingeborg Bachmann

1926 in Klagenfurt
1973 in Rom

Nichts Schönres unter der Sonne,
als unter der Sonne zu sein …

Fünfte Strophe des Gedichtes An die Sonne, in: Ingeborg Bachmann: Sämtliche Gedichte, Piper Verlag, München/Berlin/Zürich 2015, Seite 156

»Die Wahrheit nämlich ist dem Menschen zumutbar.« Dieser Satz aus einer Dankesrede von Ingeborg Bachmann ist wohl ihr bekanntestes Zitat. Als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts hat sie sich schon zu Lebzeiten viele literarische Denkmäler gesetzt. Ihr dichterisches Erbe lebt weiter – in den jährlich in Klagenfurt stattfindenden Tagen der deutschsprachigen Literatur, gemeinhin als Ingeborg-Bachmann-Preis bekannt. Auszeichnungen erhielt Bachmann auch selbst, etwa den Georg-Büchner-Preis 1964 oder den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur 1968. Ihre Texte gelten als erste Beispiele für starke feministische Perspektiven in der Literatur der Nachkriegszeit. Ihr früher Tod bleibt bis heute ungeklärt.

Elvine de la Tour

Elvine de la Tour

1841 in Görz, Kaisertum Österreich
1916 in Treffen am Ossiacher See

Nur vorwärts! Niemals zurück!

Heidrun Szepannek: Elvine Gräfin de La Tour (1841–1916). Protestantin, Visionärin, Grenzgängerin (= Das Kärntner Landesarchiv, Bd. 38), Verlag des Kärntner Landesarchivs, Klagenfurt 2010, Seite 75

Um anderen Menschen zu helfen, opferte Elvine de la Tour ihren ganzen Schmuck: Die in einer adeligen Familie aufgewachsene Altösterreicherin widmete sich der Betreuung von Waisenkindern in ihrem Heimatort Görz und baute 1894 eine Schule in Treffen auf. Aus dieser »Waldschule« entstand die heute privat geführte Volks- und Neue Mittelschule de La Tour Treffen. De la Tours wichtigstes Vermächtnis ist die »Evangelische Stiftung der Gräfin de La Tour«. Aus ihr entwickelte sich die heutige Diakonie, die Sozialorganisation der Evangelischen Kirche Kärntens. Hier wird die Vision der adeligen Sozialpionierin, gesellschaftliche Missstände aktiv zu bekämpfen, mit großem Einsatz weitergeführt.

Hermann Gmeiner

Hermann Gmeiner

1919 in Alberschwende, Vorarlberg
1986 in Innsbruck

Die Kinder dieser Welt sind unsere einzige Hoffnung.

Der Verlust seiner Mutter Angelika machte Hermann Gmeiner 1925 zum Halbwaisen. Dieses Schlüsselerlebnis im Leben Gmeiners sollte sein ganzes Leben prägen: 1949 gründete er in Imst einen Verein zur Einrichtung eines Dorfes für Waisenkinder. Das Medizinstudium brach Gmeiner im selben Jahr ab, denn der Aufbau des SOS-Kinderdorfs nahm seine ganze Zeit in Anspruch – und sein ganzes Erspartes. Weihnachten 1950 zogen fünf Waisenkinder ins erste Kinderdorfhaus ein. Gmeiners große Arbeit begann damit erst: Über die Jahre fand seine Idee immer mehr Widerhall, SOS-Kinderdörfer wurden weltweit aufgebaut. Heute ist die Organisation in 135 Ländern vertreten und betreibt mehr als 550 Kinderdörfer. Eines davon steht seit 1959 in Moosburg.

Maja Haderlap

Maja Haderlap

1961 in Bad Eisenkappel/Železna Kapla, Kärnten

gedächtnis, vergissmeinnicht, monument

was der aufgerissene acker, vor dem
ich stehe, alles verrät. die herbstsonne
bewirft schon die wolken mit prunkvollen
farben. auch bei geschlossenen lidern
lodert ihr flammendes kolorit. in der
nähe der höfe, die ich umkreise,
suche ich nach worten, die abgelegt
worden sind wie ausrangierte geräte,
lese ich sie auf, wie man dürre zweige
von den waldsteigen aufhebt und sie
am wegrand häuft. aus den tälern
wachsen die bergrücken zu höheren
gipfeln heran. in meiner stimme
kristallisiert die erste sprache und
memoriert die chiffren der erinnerung:
spomin, spominčica, spomenik.
gedächtnis, vergissmeinnicht, monument.

Maja Haderlap, langer transit. Gedichte, © Wallstein Verlag, Göttingen 2016, Seite 75

Mit ihrem preisgekrönten Roman »Engel des Vergessens« erhielt Maja Haderlap 2011 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt den Ingeborg-Bachmann-Preis. Darin erzählt sie von den Wunden der slowenischen Minderheit in Kärnten. Die studierte Germanistin und Theaterwissenschaftlerin lehrte nach ihrer Promotion an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und arbeitete von 1992 bis 2007 als Chefdramaturgin am Stadttheater Klagenfurt. Haderlap verfasst Lyrik, Prosa und Essays in slowenischer und deutscher Sprache. Ihre Rede »Im langen Atem der Geschichte« beim Staatsakt anlässlich der 100. Wiederkehr des Jahrestages der Gründung der Republik Österreich im Jahre 2018 fand große internationale Beachtung.

Peter Handke

Peter Handke

1942 in Griffen

Spiele das Spiel. Gefährde die Arbeit noch mehr. Sei nicht die Hauptperson. Such die Gegenüberstellung. Aber sei absichtslos. Vermeide den Hintergedanken. Verschweige nichts. Sei weich und stark. Sei schlau, lass dich ein und verachte den Sieg. Beobachte nicht, prüfe nicht, sondern bleib geistesgegenwärtig bereit für die Zeichen. Sei erschütterbar. Zeige deine Augen, wink die andern ins Tiefe, sorge für den Raum und betrachte einen jeden in seinem Bild. Entscheide nur begeistert. Scheitere ruhig. Vor allem hab Zeit und nimm Umwege. Lass dich ablenken. Mach sozusagen Urlaub. Überhör keinen Baum und kein Wasser. Kehr ein, wo du Lust hast, und gönn dir die Sonne. Vergiss die Angehörigen, bestärke die Unbekannten, bück dich nach Nebensachen, weich aus in die Menschenleere, pfeif auf das Schicksalsdrama, missachte das Unglück, zerlach den Konflikt. Beweg dich in deinen Eigenfarben, bis du im Recht bist und das Rauschen der Blätter süß wird. Geh über die Dörfer. Ich komme dir nach.

Textauszug aus: Peter Handke, Über die Dörfer. Dramatisches Gedicht. ©Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1981. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.

Der Nobelpreis für Literatur für Peter Handke war ein Donnerschlag in der heimischen Kulturszene: Noch nie hat ein Kärntner vor ihm diese höchste literarische Auszeichnung erhalten. Handkes Karriere als Dichter begann in den 1960er-Jahren in Graz. Bereits sein erster Roman »Die Hornissen« (veröffentlicht 1966) sorgte für enormes Aufsehen im deutschsprachigen Raum. Der Durchbruch aber gelang ihm 1972 mit dem Roman »Wunschloses Unglück«, wenige Monate nach dem Selbstmord seiner Mutter Maria. Seine Verbindung zu seinem Heimatort hat der Weltenbürger und Nobelpreisträger nie abreißen lassen. Jedes Jahr besucht er Griffen. Sein Lebensmittelpunkt aber liegt derzeit in einem Vorort von Paris.

Heinrich Harrer

Heinrich Harrer

1912 in Hüttenberg
2006 in Friesach

Um die Berge herumgehen ist genauso wichtig, wie auf deren Gipfel zu steigen.

Schon zu Lebzeiten eine Legende: Heinrich Harrer hat mit der Erstbesteigung der Eigernordwand Geschichte geschrieben. Seine Freundschaft zum Dalai Lama hielt bis an sein Lebensende und kam in der Verfilmung seines Buches »Sieben Jahre in Tibet« mit Brad Pitt in der Hauptrolle zu Hollywood-Ehren. Seine Mitgliedschaft in der nationalsozialistischen Schutzstaffel bezeichnete Harrer als »dummen Fehler«, der ihn bis ans Lebensende begleitete. In Erinnerung bleibt Harrer aber vor allem als Bergsteiger, Forschungsreisender, Geograf und Autor. In seinem Geburtsort Hüttenberg, wo sich am Friedhof auch sein Grab befindet, ist ihm im Heinrich-Harrer-Museum ein Denkmal gesetzt.

Gert Friedrich Jonke

Gert Friedrich Jonke

1946 in Klagenfurt
2009 in Wien

Was denn Träume, was denn Schlaf?

Sind Träume denn auch Räume für den Schlaf?

Räumen Träume in den Räumen des Schlafes auf?

Oder schlafen Träume in den Schlafräumen auch?

Dieses Gedicht erschien als letzter zu Lebzeiten veröffentlichter Text fünf Wochen vor seinem Tod in der Tageszeitung Der Standard am 28. November 2008, Seite 29

Sprachakrobat, Sprachzauberer, Sprachkünstler – für Gert Jonkes Art, mit Wörtern umzugehen, fanden seine Bewunderer viele Attribute. Der Poet selbst ließ sich in keinerlei Schublade stecken, seine experimentelle Literatur durchbrach Ende der 1960er-Jahre die Schranken des Gewohnten. Jonke galt als sprachlicher Erneuerer und verfasste neben lyrischen Werken auch Erzählungen, Romane, Essays, Theaterstücke, Drehbücher und Hörspiele. Nach seinem Aufwachsen in Klagenfurt zog es ihn in die Welt hinaus: Studium in Wien, Aufenthalte in Berlin und London, ausgedehnte Reisen in den Mittleren Osten und nach Südamerika. Trotz schweren Krebsleidens blieb Jonke bis zu seinem Tod 2009 künstlerisch aktiv.

Udo Jürgens

Udo Jürgens

1934 in Klagenfurt
2014 in Münsterlingen, Schweiz

Was wirklich zählt auf dieser Welt,
bekommst du nicht für Geld.

Udo Jürgens: Lieder, die im Schatten stehen, Doppel-CD, Ariola Express 1968, Text: Walter Brandin

Als Kärntner hätte er seine Torten eigentlich mit Schlag bestellen müssen, für das deutsche Publikum besang er sie »aber bitte mit Sahne«: Udo Jürgens hatte schon früh den Geburtsnamen Bockelmann abgelegt, um seine musikalische Karriere über die Landesgrenzen hinaus zu beflügeln. Deutschland war das erste Land, das seine Lieder in die Hitparade hob, erst später hallte sein Ruhm nach Österreich zurück. Daran änderte auch der Sieg beim Songcontest 1966 nur wenig, »Merci Cherie« sollte erst später zum nationalen Liedgut werden. Jürgens schrieb seine zahlreichen Hits selbst, fast 60 Jahre lang blieb ihm das Publikum treu. Es verdankt ihm mehr als 1000 Lieder, 50 Musikalben und über 100 Millionen verkaufte Tonträger.

Kiki Kogelnik

Kiki Kogelnik

1935 in Graz
1997 in Wien

Kunst hat eine wunderbare Eigenschaft:
Alles, was man in sie hineingibt, kommt irgendwann wieder einmal heraus.

Unverwechselbar sind die Skulpturen von Kiki Kogelnik. In Kärnten begegnet man ihnen auf Schritt und Tritt, etwa beim Freyungsbrunnen in ihrer Heimatstadt Bleiburg oder vor dem Klagenfurter Landhaushof am Brunnen, der nach der Künstlerin benannt ist. Ihre internationale Karriere begann in New York, wo Kogelnik sich in kürzester Zeit als Star der Kunstszene an der Seite von Andy Warhol und Roy Lichtenstein etablieren konnte. Grell gefärbte Silhouetten wurden zu ihrem Markenzeichen, ihre Maskenköpfe zu Symbolen der Pop-Art-Bewegung. Ihr Werk umfasste aber auch Malerei, Grafik und Installationen, was ihr den Ruf einer Künstlerin von Weltrang einbrachte. Ihre Heimat Kärnten verlor sie dabei aber nicht aus den Augen: Mit Bleiburg blieb sie bis ans Lebensende verbunden.

Maria Lassnig

Maria Lassnig

1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten
2014 in Wien

Unsere Augen sollen denken.

Die »gläserne Decke« durchbrach Maria Lassnig 1980, als sie zur ersten weiblichen Hochschulprofessorin für Malerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien ernannt wurde. Künstlerische Konventionen zertrümmerte sie aber schon viel früher: Mit ihrer »Körperkunst« stieß das uneheliche Kind aus einfachsten Verhältnissen zunächst auf Unverständnis und Widerstand. Doch die farbenfrohen und gleichzeitig drastischen Ölgemälde und Aquarelle fanden mit der Zeit immer mehr Anhänger. Maria Lassnigs Karriere als Malerin hob erst so richtig im Alter ab, lange nach ihren fast 20-jährigen Aufenthalten in New York und Paris. Die im Jahre 2015 gegründete Maria Lassnig Stiftung widmet sich dem umfassenden Œuvre und Nachlass der Künstlerin.

Christine Lavant

Christine Lavant

1915 in Großedling bei St. Stefan im Lavanttal
1973 in Wolfsberg

Ich habe ja auch Zeiten, wo ich grundlos glücklich bin.

Christine Lavant litt Zeit ihres Lebens unter Depressionen. »Im Dorf galt die kettenrauchende, keiner geregelten Arbeit nachgehende, dichtende Strickerin und Nachtschwärmerin aufgrund ihrer Lebensführung, ihrer literarischen Ambitionen und vor allem wegen ihres Aufenthaltes in der Psychiatrie als Außenseiterin und ‚Verrückte‘«, schreibt Klaus Amann, einer der profundesten Kenner ihres Werkes. Christine Lavants Gedichte zählen zum Kanon der deutschsprachigen Literatur. Als Erzählerin ist sie eine der großen Entdeckungen der letzten Jahre. Die 2015 gegründete Internationale Christine Lavant Gesellschaft weiß sich der Pflege und Verbreitung des literarischen Werks von Christine Lavant verpflichtet.

 

Das Bild von Christine Lavant an der Fassade des Gemeindezentrums Schallar in Moosburg ist Teil einer von Ernst Peter Prokop im Mai 1963 erstellten Werkmappe mit 30 Fotografien der Schriftstellerin. Es befindet sich im Besitz des Vereins ZUMGLUECK.JETZT – Initiativen zur Veredelung der Zeit.
Ernst Peter Prokop, geb. 1939 in Klagenfurt, www.fotoprokop.com

Robert Musil

Robert Musil

1880 in Klagenfurt
1942 in Genf

Erfahre, wie dem anderen zumute ist! Durch Mitleid wissend, es bedeutet tausendmal mehr, als durch Bücher wissend sein!

Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften, Roman, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1978, Seite 1045

Novellen, Dramen, Essays und zwei Romane – Robert Musils schriftstellerisches Werk war umfangreich und vielschichtig. Sein unvollendeter »Mann ohne Eigenschaften« ist mittlerweile in den Rang der Weltliteratur aufgestiegen, war aber zur Zeit der Erscheinung weniger gefragt als Musils Durchbruchsroman, »Die Verwirrungen des Zöglings Törleß«. Musil verbrachte nur sein erstes Lebensjahr in Klagenfurt, danach zog seine Familie nach Böhmen. Mit dem Ziel einer Offizierskarriere besuchte er Militärschulen in Eisenstadt und Mähren, studierte dann aber Psychologie und Philosophie in Berlin, wo er ab 1922 auch als freier Schriftsteller lebte. Sein Geburtshaus in Klagenfurt ist heute Museum und Literaturhort.

Paracelsus

Paracelsus

1493 in Einsiedeln, Schweiz
1541 in Salzburg

Die beste Arznei für den Menschen ist der Mensch.
Der höchste Grad dieser Arznei ist die Liebe.

Sein voller Name lautete Philippus Theophrastus Aureolus Bombast von Hohenheim – bekannt ist er aber wesentlich schlichter als »Paracelsus«. Unter diesem Künstlernamen ging der Arzt und Naturforscher in die Geschichte ein, noch heute gilt er als Wegbereiter der modernen Heilkunde und Pionier der organischen Chemie. Die Grundlage dafür wurde in Kärnten gelegt: Paracelsus war Schüler der Domschule in St. Andrä, sein Handwerk lernte er bei seinem Vater, der als Arzt in Villach wirkte. Von dort aus bereiste Paracelsus zahlreiche europäische Städte, verfeinerte sein Heilwissen und widmete sich auch Disziplinen wie der Philosophie, der Astronomie und der Alchemie. Paracelsus starb 1541 in Salzburg.

Helmut Qualtinger

Helmut Qualtinger

1928 in Wien
1986 in Wien

Fantasie ist etwas, das sich viele gar nicht vorstellen können.

Es wissen nicht viele, dass Helmut Qualtinger die ersten zwei Jahre seines Lebens bei seiner Tante in Lölling, in der Marktgemeinde Hüttenberg, verbracht hat und später in den Ferien immer wieder gerne dorthin zurückgekehrt ist. Mit dem »Herrn Karl« hat er sich unsterblich gemacht. Sein schonungsloser Blick auf das Mitläufertum der Kriegsjahre festigte seinen Ruf als Satiriker mit feinem Gespür für die österreichische Seele. Qualtinger machte sich aber auch als Schriftsteller und Schauspieler einen Namen. Als geradezu tiefenpsychologisch orientierter Kritiker klopfte er den Mächtigen auf die Finger, als gewitzter Streichespieler trieb er gerne Theaterkollegen zur Weißglut. Qualtingers Bühne war das Wiener Volkstheater. Bei der Verfilmung für Umberto Ecos »Der Name der Rose« gemeinsam mit Sean Connery erkrankte er an einer Lungenendzündung, die schließlich zu seinem frühen Tod führte.

Erwin Ringel

Erwin Ringel

1921 in Timișoara, Rumänien
1994 in Bad Kleinkirchheim

Springen Sie, sooft Sie können, über Ihren Schatten!

Wie kein anderer hat der Kärnten-Freund Erwin Ringel »Die Kärntner Seele« erforscht und sich dabei immer wieder mit den Kärntner Slowenen solidarisiert. Der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie gilt als ein Pionier der Suizidprävention und als Wegbereiter der Psychosomatik, die bei körperlichen Erkrankungen immer auch die seelischen Ursachen zu erforschen versucht. Als Sohn eines Mittelschulprofessors kam er im heutigen Rumänien zur Welt und verbrachte seine Kindheit und Jugend in Niederösterreich und Wien. Obwohl Ringel in den letzten Jahren seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt war, erhob er bis zuletzt bei unzähligen Vorträgen seine Stimme gegen Intoleranz, Faschismus und Antisemitismus.

Werner Schneyder

Werner Schneyder

1937 in Graz
2019 in Wien

Freundschaft ist, wenn dich einer für gutes Schwimmen lobt, nachdem du beim Segeln gekentert bist.

Weit mehr als die zwei Jahre, die Werner Schneyder nach seiner Geburt in Graz verbracht hat, prägen ihn die Jahre seines Aufwachsens in Klagenfurt: die Sommer im Strandbad, die Abende im Stadttheater, die Zeit am Fußballplatz. Schneyder startete seine vielen Karrieren als Journalist und Barsänger, als Autor und Kabarettist, als Schauspieler, Liedtexter und Sportkommentator mit einem besonderen Faible für den Boxkampf. Sich selbst bezeichnete Schneyder trotz aller Erfolge und Auszeichnungen als »Universaldilettanten«. Seine vielen Engagements verlangten einen Wohnsitz in Wien, zu Hause aber wusste er sich am Millstätter See. Mit seiner Frau Ilse war er 43 Jahre lang verheiratet.

Lucius Annaeus Seneca

Lucius Annaeus Seneca

4 v. Chr. in Córdoba, Spanien
65 n. Chr. in Rom

Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht,
sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig!

Der römische Philosoph, Dramatiker, Naturforscher und Politiker ist davon überzeugt, dass alle Menschen glücklich sein wollen, aber für das, was das Leben glücklich macht, keinen klaren Blick haben. Solche Blindheit raubt den Menschen die einzige Voraussetzung für das Glücklichsein: die Fähigkeit und Bereitschaft, das Gute zu tun. Die einzigen wirklichen Übel, die dem Glück entgegenstehen, sind für Seneca Bosheit und Schändlichkeit. Was die Menschen darüber hinaus aber für »Güter« oder »Übel« halten, ist weder gut noch schlecht; erst die Art und Weise, wie diese von den Menschen gebraucht werden, lässt sie zu »Gütern« oder zu »Übeln« werden. Letztlich ist also der Mensch selbst Herr/Frau über Gut und Böse.

Sokrates

Sokrates

469 v. Chr. in Alopeke, Athen
399 v. Chr. in Athen

Ich weiß, dass ich nicht weiß.
Viele aber wissen nicht einmal, dass sie nicht wissen!

Der Sohn einer Hebamme und eines Bildhauers ist der für das abendländische Denken grundlegende griechische Philosoph. Zur Erlangung von Menschenkenntnis und Weltverständnis entwickelt er die Methode der »Maieutik«, der »Hebammenkunst«, die durch Fragen – und nicht durch Belehren – die Einsichtsfähigkeit seiner Gesprächspartner und schließlich deren Wissen um das Gute zur Welt bringt. Nach Sokrates besteht die wahre menschliche Weisheit darin, sich des Nichtwissens im Wissenmüssen des Guten bewusst zu sein. Im Jahr 399 v. Chr. wird er wegen Gottlosigkeit und Verführung der Jugend angeklagt und zum Tode verurteilt. Den Schierlingsbecher trinkt er der Überlieferung nach bis zum letzten Tropfen aus.

Peter Turrini

Peter Turrini

1944 in Wolfsberg

Das Nein / das ich endlich sagen will / ist hundertmal gedacht / still formuliert / nie ausgesprochen.

 

Es brennt mir im Magen / nimmt mir den Atem / wird zwischen meinen Zähnen zermalmt / und verläßt / als freundliches Ja / meinen Mund.

Textauszug aus: Peter Turrini, Ein paar Schritte zurück. Gedichte. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2002. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.

Geboren ist er in Wolfsberg, aufgewachsen in Maria Saal – väterlicherseits aber liegen seine Wurzeln in Italien. Peter Turrini gilt als einer der meistgespielten Dramatiker der Gegenwart, seine Stücke wurden in über 30 Sprachen übersetzt und kommen weltweit zur Aufführung. Turrinis steiler Aufstieg als Bühnenautor begann 1971 mit dem Stück »Rozznjogd«. Vor seinem künstlerischen Durchbruch verdingte er sich als Hilfsarbeiter, Hotelsekretär und Werbetexter. 36 Theaterstücke, drei Opernlibretti, 14 Drehbücher und 17 Hörspiele sind mittlerweile aus seiner Feder entstanden. Mit seiner in Klagenfurt geborenen Lebensgefährtin und Schreibpartnerin Silke Hassler lebt Turrini heute im niederösterreichischen Unterretzbach.

Dolores Viesèr

Dolores Viesèr

1904 in Hüttenberg
2002 in Klagenfurt

Die wilden Taten der Großen sind in den Strom der Zeit gesunken. Aber die Liebe einer Frau hat die Jahrhunderte überbrückt.

Die Autorin in handschriftlicher Widmung ihres Buches Hemma von Gurk an Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari

Dolores Viesèr, eigentlich Wilhelmine Maria Aichbichler, geb. Wieser, musste als Achtzehnjährige Kärnten verlassen und fand Arbeit in einer Pension in Hall in Tirol. In dieser Zeit schrieb sie ihren ersten Roman »Das Singerlein«. Als jüngste Romanschriftstellerin im deutschen Sprachraum feierte sie damit bereits einen großen Erfolg. Ihr wohl bekanntestes Werk ist der Roman »Hemma von Gurk«, der 1938 von der nationalsozialistischen Reichsschriftumskammer als »nicht konform dem deutschen Volks- und Geschichtsverständnis« eingezogen und eingestampft wurde. Ihre insgesamt zwölf Bücher wurden in 13 Sprachen übersetzt. 1934 erhielt sie den Adalbert-Stifter-Preis, 1956 den Handel-Mazzetti-Preis und 1975 den Kulturpreis des Landes Kärnten.

Paul Watzlawick

Paul Watzlawick

1921 in Villach, Kärnten
2007 in Palo Alto, Kalifornien

Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die wirkliche Wirklichkeit ist.

»Man kann nicht nicht kommunizieren.« Jede Geste, jede Handlung ist auch eine Botschaft an das Gegenüber, selbst wenn man schweigt. Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat diesen Satz geprägt – und darauf aufbauend eine umfassende Theorie der Kommunikation aufgestellt. Watzlawicks zahlreiche Schriften sind heute Standardwerke in diesem Feld, er machte sich aber auch als Psychotherapeut, Philosoph und Autor einen Namen. Seine »Anleitung zum Unglücklichsein« aus dem Jahr 1983 entwickelte sich zum Kultbuch, war aber als Parodie auf die amerikanische Ratgeberliteratur gedacht. In seiner Wahlheimat USA fand der gebürtige Villacher im Alter von 85 Jahren auch die letzte Ruhestätte.