Gedanken für den Tag
von 23. bis 28. Mai 2022, 06:56 Uhr in Ö1
von und mit Arnold Mettnitzer
Nachzuhören unter: oe1.orf.at
Montag, 23. Mai 2022
SAGT DER ARZT ZUM HERRN MEIER: „Sie sollten Urlaub machen!“
SAGT HERR MEIER ZUM ARZT: „Herr Doktor, das kann ich mir nicht leisten, ich habe mir gerade ein Ferienhaus gekauft!“
Unser Problem mit dem Glück hängt nicht selten damit zusammen, dass wir das, was wir uns leisten, nicht brauchen, und uns das, was wir brauchen, glauben nicht leisten zu können. Als der Dalai Lama gefragt wird, was ihn am meisten an der Menschheit verwundert, antwortet er: “Der Mensch. Er opfert seine Gesundheit, um Geld zu verdienen. Wenn er es verdient hat, opfert er sein Geld, um seine Gesundheit zurückzuerlangen. Und dabei ist er so auf die Zukunft fixiert, dass er die Gegenwart nicht genießt. Das Ergebnis ist, dass er weder die Gegenwart, noch die Zukunft lebt. Er lebt so, als ob er nie sterben würde und schließlich stirbt er, ohne jemals richtig gelebt zu haben.”
Als wir vor fünf Jahren in einem kleinen Kernteam in der Kärntner Marktgemeinde Moosburg begonnen haben, ÖSTERREICHS ERSTE GLÜCKSGEMEINDE zu bauen, wussten wir noch nichts von Corona und ihren Folgen; schon gar nichts von einem Krieg vor unserer Haustüre. Mittlerweile wurden wir bei unserer Arbeit vielfach ermutigt und immer wieder darin bestätigt, wie wichtig gerade JETZT Perspektiven der Hoffnung sind, wie sinnvoll und lebensnotwendend es ist, Menschen einzuladen, am Glück ihres Lebens nicht vorbeizugehen, sondern es gemeinsam mit anderen zu suchen!
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Dienstag, 24. Mai 2022
Lucius Annaeus Seneca lässt seine Schrift „vom glücklichen Leben“ mit dem Satz beginnen: „Glücklich leben wollen alle; aber wenn es darum geht, zu durchschauen, was es ist, das ein glückliches Leben bewirkt, dann ist ihr Blick getrübt;“
(Seneca, De vita beata. Vom glücklichen Leben. Lateinisch / Deutsch, RECLAM UNIVERSAL BIBLIOTHEK Nr. 1849, Seite 5)
Die Kirschen in Nachbars Garten scheinen immer schon süßer gewesen zu sein als die eigenen. Und nichts lässt ein Auto schneller alt werden als die Tatsache, dass sich der Nachbar ein neues gekauft hat.
Im Verein ZUMGLUECK.JETZT – INITIATIVEN ZUR VEREDELUNG DER ZEIT versuchen Menschen hier gegenzusteuern. Mit „etwas Glück“ erleben sie dabei KO-KREATIVITÄT, was ja nichts anderes bedeutet als gemeinsam etwas zu finden, das keinem auf sich allein gestellt gelingen könnte.
Fast gleichzeitig zum ersten Auftritt dieses Vereines vor zwei Jahren wurde der amerikanischen Lyrikerin Louise Glück der Literaturnobelpreis verliehen. Ihre Gedichte wenden sich nicht an die WELTEROBERER, die sich als GLÜCKSRITTER in ihrer Suche nach dem Glück im Äußeren verlieren.vLouise Glücks Gedichte sind den WELTERFINDERN gewidmet!
Die GLÜCKSPILZE unter den Menschen sind die WELTERFINDER, die wissen, dass sie das Glück zuallererst in ihrem Inneren suchen müssen.
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Mittwoch, 25. Mai 2022
Wer sich mit dem Glück zu beschäftigen beginnt, muss vorher klären, was wir darunter verstehen. Und hier fängt es schon an, kompliziert zu werden. Denn eine verbindliche, einheitliche Definition des Glücks gibt es nicht. Und wer zur Beantwortung der Frage Fachleute aufsuchen will, muss zuallererst sich selbst gefragt haben, was Glück für ihn bedeutet!
Oft beginnen Menschen erst dann vom Glück zu reden, wenn sie glauben, es verloren zu haben! Und bei der Rede vom Glück handelt es sich immer um eine Vielzahl von Möglichkeiten:
„Unverhofft kommt oft!“, sagen wir und beschreiben damit eine Glückserfahrung, die als Zufallsglück unvermutet in der Tür steht. Diesem Zufallsglück sind wir nicht hilflos ausgeliefert. Wir können viel dafür tun, es nicht zu versäumen. Wer unbedingt im Lotto gewinnen will, ist gut beraten, wenigstens einen Lottoschein auszufüllen! Zum Glück ist es aber nicht unbedingt notwendig, Lotto zu spielen! Man kann dem „Zufallsglück“ auch auf andere Weise die Türen offenhalten!
Zum Beispiel durch eine innere Haltung grundsätzlicher Offenheit, eine Art Lebensklugheit unter dem Motto: „Man muss zu allen Zeiten mit allem rechnen, vor allem mit dem Guten!“ Oder, um es mit dem Gedicht „glück“ von Hans-Curt Flemming zu sagen: man muss „sich zurücklehnen / die augen schließen / den mund leicht spitzen / und darauf warten / geküßt zu werden // und dann / geküßt werden“
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Freitag, 27. Mai 2022
Neben dem Zufallsglück gibt es das Wohlfühlglück: Ein Zustand angenehmster Erfahrung, den wir am liebsten festhalten wollten.
Es sieht ganz danach aus, dass wir, wenn wir vom Glück reden, vor allem diese Art von Glück meinen. Meist ohne zu wissen, dass wir dieses Verständnis einer Definition verdanken, die John Locke erstmals 1690 vorgenommen hat: Die Natur habe dem Menschen das „Streben nach Glück“ und den „Widerwillen gegen das Leid“ eingepflanzt. Demnach bedeutet Glück die „größtmögliche Lust“, um die sich dann seit dem 18. Jahrhundert eine regelrechte Glückswissenschaft kümmert. Die moderne Spaß- und Erlebnisgesellschaft wäre ohne dieses Glücksverständnis nicht denkbar. Dagegen ist auch nichts zu sagen, außer: DASS DIESES GLÜCK NICHT VON DAUER SEIN KANN!
Es gibt die „gute Stunde“, glückliche Augenblicke, für die der Einzelne sich offenhalten kann! Aber es ist die Klugheit des Herzens, die einen Menschen davor bewahren kann, das gesamte Leben mit einem einzigen Wohlfühlglück zu verwechseln. Wer es trotzdem tut, weiß dann recht bald, was Goethe meint, wenn er in einem seiner Gedichte sagt: „Alles in der Welt läßt sich ertragen, Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen.“
Der Philosoph Wilhelm Schmid warnt: „Menschen können krank werden, nicht nur aufgrund innerer und äußerer Ursachen, sondern auch aufgrund von Begriffen, die einen so hohen Maßstab des Lebens festlegen, dass das Leben daran nur noch scheitern kann. Der moderne Begriff von Glück ist ein solcher Maßstab, der Menschen systematisch ins Unglück treibt.“
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Samstag, 28. Mai 2022
Was für ein Glück, dass es neben dem Zufallsglück und dem Wohlfühlglück noch andere Auffassungen vom Glück gibt! Die antiken Philosophen, Sokrates, Platon, Aristoteles, Seneca, schreiben diesen anderen Auffassungen vom Glück vor allem Dauerhaftigkeit zu.
Sie meinen damit ein größeres Glück, das Glück der Fülle, das immer auch um die andere Seite weiß, ein Glück, das die Polarität des Lebens auszuhalten weiß, und von einer geistigen Haltung lebt, die täglich neu zu üben ist; erst recht in einer Gesellschaft, die alles „positiv“ sieht, damit aber die Tatsache nicht wegzudiskutieren kann, dass es trotz aller Schönheitsoperationen und anderen Wundermittel auch weiterhin negative Dinge im Leben geben wird.
Die einzige Garantie für die Dauerhaftigkeit dieses Glücks der Fülle beschreibt Erich Fried in seinem Gedicht „Was es ist“: Ein Loblied auf die Liebe, die als einzige Stabilität der Polarität des Alltags und der Paradoxie des Lebens die Stirn zu bieten vermag:
Was es ist // Es ist Unsinn / sagt die Vernunft / Es ist was es ist / sagt die Liebe // Es ist Unglück / sagt die Berechnung / Es ist nichts als Schmerz / sagt die Angst / Es ist aussichtslos / sagt die Einsicht / Es ist was es ist / sagt die Liebe // Es ist lächerlich / sagt der Stolz / Es ist leichtsinnig / sagt die Vorsicht / Es ist unmöglich / sagt die Erfahrung / Es ist was es ist / sagt die Liebe
Erich Fried, Es ist was es ist. Liebesgedichte Angstgedichte Zorngedichte, Verlag Klaus Wagenbach Berlin, Quartheft 124 110-116. Tausend im November 1993, ISBN 3-8031-0124-7 Seite 43
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Liebe und Glück lassen Menschen strahlen
…und wer nicht nur nach dem Glück der Fülle strebt, sondern tatsächlich hin und wieder auch darin lebt, belegt das allein schon durch seine äußere Erscheinung, sein einladend ansteckendes Wesen. Solche Menschen kommen anderen leicht näher und werden rein gefühlmäßig von diesen als sympathisch empfunden. Sie strahlen Heiterkeit aus, gehen auf andere zu, öffnen sich, laden ein, inspirieren und vermögen zu begeistern. Heitere Menschen verschönern das Leben; man spürt sie nicht nur in ihren Handlungen, sondern auch in ihrem ganzen äußeren Wesen, in ihren Mienen und Gebärden und in ihrem Lachen.
Der große Psychologe Fjodor Dostojewski ist überzeugt davon, dass man einen Menschen am Lachen viel besser erkennen und verstehen kann als aus langwierigen psychologischen Untersuchungen. Gerade auch mit seinem Lächeln vermag der Dalai Lama Menschen über nationale, religiöse und kulturelle Grenzen hinaus zu überzeugen: „Wenn wir selbst glücklich sein wollen, sollten wir Mitgefühl üben, und wenn wir wollen, dass andere glücklich sind, sollten wir ebenfalls Mitgefühl üben. Wir alle sehen lieber lächelnde als finstere Gesichter.“